Schmürz
Sprechtheater
Aus Angst vor einer diffusen Bedrohung zieht sich eine Familie immer mehr zurück. Um die Angst zu verdrängen, schlagen sie auf ein stummes Wesen ein, das sich nicht wehrt: Das Schmürz.
Drei Akte lang flieht eine Famile – Vater, Mutter, Tochter und das Dienstmädchen – vor einem ständig wiederkehrenden, unheilvollen Lärm in die jeweils höhere Etage des Wohnhauses. Obwohl die Wohnungen immer enger und schäbiger werden, halten die Flüchtenden mit allen Mitteln den Schein der Ordnung und Zufriedenheit aufrecht. Einzig die Tochter hält die Erinnerungen wach und stellt unbequeme Fragen, die von den Eltern virtuos überhört und entschärft werden.
Überall stumm und präsent ist das Schmürz, ein grässlich zerlumptes und geschundenes Wesen, an dem alle Aggressionen, Verunsicherungen und Ängste abreagiert werden. Als Vergegenständlichung des misshandelten Gewissens wird es immer dann geprügelt, wenn sich ein Familienmitglied einer Unwahrheit schuldig macht, etwa die Vergangenheit vergisst, Lebenslügen aufrecht erhält oder mit Phrasen seinen wahren Zustand verbirgt.
Als natürliche Folge der ständigen Selbsttäuschung löst sich die Familie allmählich auf. Übrig bleibt der Vater, alleine im Dachstock; Selbst an diesem auswegslosen Ort versucht er noch, sich ein würdiges Leben vorzuspielen. Als der Lärm sich wieder erhebt, versucht er das Schmürz umzubringen und stürzt sich schliesslich mit den letzten Worten, «Verzeihung, ich wusste nicht…», aus dem Fenster. Das Schmürz bleibt alleine auf dem vom Menschen befreiten Schauplatz zurück – eine groteske Parabel.
Vreni Cathomas
Bettina Grossenbacher
Jörg Bohn
Dieter Sinniger
Dominik Müller
Dodó Deér
Hans Gloor
Barbara Leuthold
Jörg Bohn
Dodó Deér, Kaspar Leuthold, Jörg Bohn
Ensemble
Marco Soldera
Vreni Cathomas, Dieter Sinniger, Dominik Müller
Franco Aerschmann
THEATERUNSER
Zürcher Theaterspektakel 1988
11.11.1987, Immotelli Kunath Aarau